In der LVZ vom 05.02.2020 ist erstmalig von einem wahnwitzigen Projekt am Rande des Bockwitzer Sees zu lesen. Bei dem Gebiet handelt es sich um eines der größten Naturschutzgebiete Sachsens. Das Naturschutzgebiet ist als FFH- und SPA-Gebiet (NATURA 2000) ausgewiesen und besitzt einen besonderen Schutzstatus von europäischem Rang . Am nordwestlichen Rand des Sees plant nun die Leipziger Surfpark Deutschland GmbH Deutschlands größten Surfpark mit weiterer Infrastruktur inklusive Restaurant, Shopping-, Bekleidungs-, Equimpmentstore, Fitnesscenter und 60 Chalets mit insgesamt 220 Betten. Weiterhin soll eine 6000 m2 große Skateanlage entstehen. Bei dem geplanten Surfpark handelt es sich um einen Betonpool der 25.000 m3 Wasser fassen soll. In diesem werden mechanisch Wellen zum Surfen erzeugt. Der erste Wavegarden entstand 2005 in Spanien. Seitdem schießen diese Surfparks weltweit wie Pilze aus dem Boden. Allein in Deutschland sind aktuell einige in Planung (Stade, München, Berlin, Krefeld…).
Im LVZ Artikel vom 05.02.2020 spricht der Investor von 220.000 anvisierten Besuchern pro Jahr. Das Projekt wird als „Zentrum für ökologisch nachhaltigen Tourismus und Leistungssport im Leipziger Neuseenland´´ angepriesen.
Von dem maximal-invasiven Eingriff in die Natur am Rande eines Naturschutzgebietes von europäischen Rang ist in dem Artikel leider nichts zu lesen. Allein das Becken einer vergleichbaren Anlage in Wales hat eine Größe von 32.000 m2 (Fläche von 4,5 Fußballplätzen). Mit aller begleitenden Infrastruktur werden also konsekutiv riesige Flächen versiegelt. Weiterhin ist die mechanische Wellenerzeugung immens energieaufwändig. Zu guter Letzt sind 220.000 jährliche Besucher in einem solchen sensiblen Naturraum alles andere als ökologisch und nachhaltig.
Das Unternehmen spricht beschreibt eine potentielle Zielgruppe von 2,5 Millionen Surfern in Deutschland. Dabei handelt es sich jedoch um Windsurfer, für die ein Surfpark ungeeignet ist. Laut der INTERNATIONAL SURFING ASSOCIATION gibt es in ganz Europa geschätzte 4,5 Millionen Wellenreiter in ganz Europa. Das diese Zahl wahrscheinlich deutlich überzogen ist sieht man daran, dass es in den Ländern mit den besten Bedingungen (England, Spanien, Portugal und Frankreich) zusammen nur 1,45 Millionen Wellenreiter geben soll. Im Artikel wird auch vom Standortvorteil zwischen den Großräumen Berlin, Prag und Nürnberg geschwärmt. In Folge der o.g. in Deutschland geplanten Surfparks (München, Berlin) und der bestehenden Surfarena in Prag sollte unbedingt eine erneute Marktanalyse erfolgen.
Das zu erwartende Verkehrsaufkommen und die schiere Menge von 220.000 jährlichen Besuchern würden sich zu einem signifikanten Störfaktor des NATURA 2000 Gebietes entwickeln. Es ist davon auszugehen, dass die Besucher des Parks den See als Bademöglichkeit nutzen werden (bis dato aus Gründen des Naturschutzes verboten). Weiterhin sind großflächige Grünlandversiegelungen unbedingt zu vermeiden. Ehemalige Industriebrachen in ökologisch weniger sensiblen Bereichen wären für einen solchen Surfpark deutlich besser geeignet.
Am Donnerstag den 06.02.2020 wurde der Bebauungsplan für den Nordstrand des Bockwitzer Sees durch den Stadtrat Borna ohne Diskussion geändert. Der Investor gab weiterhin bekannt das die 25.000 Kubikmeter Wasser einmal im Jahr ausgetauscht werden sollen. Das Wasser soll dem Bockwitzer See entnommen werden. Deutschland gehört, nach dem Klima-Risiko-Index von Germanwatch, zu den Ländern, die besonders vom Klimawandel in Form von Dürren und Hitzewellen betroffen sind. Konsekutiv sollte Wasser gespart und nicht aus wertvollen Schutzgebieten entnommen werden. Am 11.02.2020 bekundeten der NABU Sachsen und die Grünen im Landkreis Leipzig in ihren Presseerklärung den Widerstand gegen das Vorhaben.
Der Bockwitzer See entstand als Bergbaufolgelandschaft aus dem ehemaligen BraunkohletagebauTagebau Borna-Ost/Bockwitz, der von 1993 bis 2005 durch ansteigendes Grundwasser geflutet wurde. Im letzten Jahr erschien das Buch Expedition Artenvielfalt: Heide, Sand & Seen als Hotspot der Biodiversität. Darin unterstreicht Dr. Hannes Petrischak, der Naturschutzbeauftragte der Heinz Sielmann Stiftung, den besonderen Beitrag der Bergbaufolgelandschaften zur Erhaltung der Artenvielfalt.
In Zeiten des weltweiten massiven Arten- und Biotopverlust sollte dieses maximal-invasive Projekt an einem ökologisch so sensiblen Standort unbedingt verhindert werden.
Auszug aus der Presseerklärung des NABU Sachsen:
>>Der Bockwitzer See ist der einzige Tagebaurestsee südlich von Leipzig, der eine natürliche, vom Menschen weitgehend ungestörte Entwicklung genommen hat. Dies schlägt sich nieder in der Ausweisung eines Naturschutzgebietes, eines europäischen Fauna-Flora-Habitat-Gebietes und schließlich eines Europäischen Vogelschutzgebietes. Besondere Schutzwürdigkeit kommt dabei der Förderung der Unzerschnittenheit und der Vermeidung von inneren und äußeren Störeinflüssen auf das Gebiet zu.<< Bernd Heinitz, Landesvorsitzender NABU Sachsen, 11.02.2020
Auszug aus der Presseerklärung der Grünen im Landkreis Leipzig: „Durch die bereits touristisch erschlossenen Seen im Südraum von Leipzig besteht bereits ein ausreichendes Freizeitangebot. Man muss nicht jeden See touristisch erschließen, schon vor dem Hintergrund, dass die durch den Bergbau geschundene Natur eine realistische Möglichkeit erhalten soll, dass Teile der neu geschaffenen Landschaft sich zu unbelasteten Naturräumen und Refugien für Tiere und Pflanzen entwickeln können“, erklärt dazu Tommy Penk, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag des Landkreises Leipzig.
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