Eine Verringerung der Luftverschmutzung kann zu einer schnellen und erheblichen Verbesserung der Gesundheit führen

Pünktlich zur Regierungsbildung in Sachsen und der silvesterlichen Feinstaubdebatte sind im Dezember 2019 wieder zwei wichtige Studien zum Thema gesundheitliche Folgeschäden durch Luftverschmutzung erschienen. Diese beiden Arbeiten unterstreichen die Notwendigkeit der anstehenden Energie- und Verkehrswende.

Ambient Air Pollution and Mortality After Cardiac Transplantation

In einer im Journal of the American College of Cardiology erschienenen Studie konnten die Wissenschaftler anhand einer Kohorte von 21.800 herztransplantierten Patienten (mittleres Alter 53 Jahre; 75% Männer) einen linearen Zusammenhang zwischen Höhe der Feinstaubbelastung und Sterblichkeit zeigen. Es wurde die Konzentration von Feinstaub mit einer Partikelgröße < 2,5 μm (PM 2.5) in der Luft des Postleitzahlenbereiches des jeweiligen Wohnortes jedes Patienten mit den nationalen Grenzwerten der USA verglichen. 21,9% der Empfänger von Herztransplantaten lebten in Gebieten, in denen die Feinstaubkonzentration (PM 2.5) die Reinluftgrenzwerte der USA überschritten. In der Kohorte starben während des mittleren follow-up von 4,8 Jahren fast 24% der Patienten. Die mittlere Feinstaubbelastung während der Studie lag bei 10.6 µg/m3. Patienten, die über mehrere Jahre der verschmutzten Luft ausgesetzt waren, hatten mit jedem Anstieg der Partikelkonzentration um 10 µg/m3 ein um 26% erhöhtes Sterberisiko. Auch in sämtlichen untersuchten Subgruppen war diese erhöhte Sterblichkeit nachweisbar.

Das Bemerkenswerte an dieser Arbeit ist, dass in einer Gruppe mit einer per se deutlich erhöhten Sterblichkeit (etwa 50% innerhalb von 10 Jahren) die Höhe der Feinstaubkonzentration solch einen starken Einfluss auf das Sterberisiko hatte. 

Health Benefits of Air Pollution Reduktion

In einem Review des Forum of International Respiratory Societies Environmental Committee erschienen in den Annals of the American Thoracic Society (ATS) am 6. Dezember 2019 konnten die Forscher anhand von Beispielen aus der Vergangenheit die positiven gesundheitlichen Auswirkungen einer Verminderung von Luftschadstoffen darstellen.

Im folgenden ein Paar Beispiele aus der Publikation:

1. Nationale Rauchverbote:  Rauchverbot in Irland 

Das seit 2004 geltende strikte Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden, Kneipen, Restaurants, etc. führte innerhalb von kürzester Zeit zu einer Reduktion der Todesfälle in Folge von Herzinfarkten (minus 26%), Schlaganfällen (minus 32%) und COPD (minus 38%). Die Reduktion der Todesfälle machte sich am stärksten bei jüngeren Personen und Nichtrauchern bemerkbar.

2. Verbesserung der Luftqualität durch Fabrikschließungen

Eine Verbesserung der Luftqualität durch zeitweise oder endgültige Fabrikschließungen kann zu fast unmittelbaren gesundheitlichen Vorteilen in der Umgebung führen. Exemplarisch dafür wird eine 13-monatige Schließung eines Stahlwerkes in Utah aufgeführt. Während der Schließung kam es in der Region zu einer Reduktion des Feinstaubes mit einer Partikelgröße ≤ 10 μm (PM 10) um fast 50%. In der Folge kam es zu einer Reduktion der Krankenhauseinweisungen infolge von Pneumonien, Bronchitis und Asthma. Bei Kindern gingen Krankenhauseinweisungen aufgrund von Atemwegserkrankungen um das zwei- bis dreifache zurück. Eine Konzentrationsabnahme von PM 10 um 100 μm/mführte zu einem Rückgang der Todesfälle um 16%. Frauen die während der Stahlwerksschließungen schwanger waren, hatten weniger Frühgeburten. 

3. Passagere Verbesserung der Luftqualität durch Emissionseinschränkung im Rahmen von Olympischen Spielen

Atlanta 1996: 

Im Rahmen der Olympischen Spiele 1996 wurde die Innenstadt von Atlanta über 17 Tage für den privaten Autoverkehr gesperrt. Im Rahmen einer alternativen Transportstrategie wurden in dieser Zeit rund um die Uhr die öffentlichen Verkehrsmittel inklusiver zusätzlicher Busse angeboten. Dies führte zu einem Rückgang des Verkehrs in der morgendlichen Hauptverkehrszeit um 23% und die Konzentration von Ozon sank um 28%. In den folgenden 4 Wochen kam es in Atlanta zu einem Rückgang der Arztbesuche von Kindern in Folge von Asthma um 44%. Krankenhauseinweisungen in Folge von Asthma gingen bei Kindern um 19% zurück.  

Peking 2008: 

Für die Olympischen Spiele 2008 in Peking verordnete die chinesische Regierung Emissions- und Verkehrsbeschränkungen vom 1. Juli bis zum 20. September. Dies führte zu einer Reduktion der Schadstoff-Konzentrationen um bis zu 62%. Diese Verringerung der Luftverschmutzung wurde in einer Arbeit mit einer Verbesserung der Lungenfunktion von gesunden aber auch von asthmakranken Erwachsen assoziiert. Weiterhin kam zu weniger asthmabedingten Arztbesuchen und zu einem Rückgang der kardiovaskulären Sterblichkeit v.a. bei Frauen und älteren Menschen. 

Die o.g. Beispiele verdeutlichen, wie schnell eine Reduzierung der Luftverschmutzung zu einer messbaren Reduktion von gesundheitlichen Folgeschäden führen kann.

Die WHO empfiehlt einen Grenzwert von Feinstaub mit einer Partikelgröße < 2,5 µg (PM2.5) von 10 µg/m3. Der von der EU festgelegte Grenzwert liegt bei 25 µg/mder US-amerikanische bei 12 µg/m3. Nicht nur vor dem Hintergrund der o.g. beiden Studien ist der in der EU empfohlene und deutlich von den WHO Empfehlungen abweichende Grenzwert, nicht nachvollziehbar. Der mittlere Wert an der Messstation Leipzig Mitte hat sich 2005 bis 2018 von 25 auf 14 µg/mreduziert.

Feinstaubgrenzwerte (PM 2,5) in µg/m3 im weltweiten Vergleich

Mit der Umweltzone, der geplanten Stilllegung des Kraftwerks Lippendorf und durch die zu erwartende Stärkung des ÖPNV durch das geplante 365 € Ticket befindet sich Leipzig auf dem richtigen Weg. Gelder aus dem Strukturänderungsgesetz sollten, in Hinblick auf das weitere Wachstum der Stadt Leipzig, konsequent in eine weitere Verbesserung des ÖPNV investiert werden. 

Eine Abschaltung der Braunkohleverstromung (z.B. Kraftwerk Lippendorf im Hintergrund) eine nachhaltige Stärkung des ÖPNV und des Fahrradverkehrs könnte zu einer weiteren Feinstaubreduktion beitragen

Die Kosten der für die Klimawende notwendigen Energie- und Verkehrswende könnten durch gesundheitsökonomische Einspaarungen in Folge der Feinstaubreduktion abgefedert werden. Im Jahre 2015 verursachten allein kardiovaskuläre Erkrankungen in Deutschland direkte Kosten von 46 Milliarden Euro.

Wenn nun von unserer neuen Landesregierung die Energie- und Verkehrswende ambitioniert angegangen wird, könnte diese schon nach einer Legislaturperiode mit meßbaren Ergebnissen im Sinne einer Feinstaubreduktion in einem lebenswerten und zukunftsfähigen Sachsen rechnen.

Literatur:

  1. Al-Kindi SG, Sarode A, Zullo M, et al. Ambient Air Pollution and Mortality After Cardiac Transplantation. J Am Coll Cardiol. 2019;74(24):3026–3035. doi:10.1016/j.jacc.2019.09.066
  2. Schraufnagel DE, Balmes JR, De Matteis S, et al. Health Benefits of Air Pollution Reduction. Ann Am Thorac Soc. 2019;16(12):1478–1487. doi:10.1513/AnnalsATS.201907-538CME

Links.:

  1. Arbeitsaufgaben für den neuen Umweltminister: NABU, UferLeben und Petitions-Initiatoren schreiben einen Offenen Brief an die neue Staatsregierung, Leipziger Internetzeitung, 21.12.2019
  2. https://www.oekoloewe.de/365euroticket.html