Weitere Artikel in Leipziger Internetzeitung vom 06.September 2020 und 09. Oktober 2020
Wie kann die junge Generation an der Entwicklung der Seen im Leipziger Neuseenland partizipieren? Diese Frage stellt sich aktuell in mehreren Beteiligungsprojekten am Störmthaler See. Der Nutzungsdruck auf die Seen im Leipziger Neuseenland wächst zunehmend.
Doch wie wird konkret die Beteiligung der jungen Generation ermöglicht? Viele Kinder, Jugendliche und Familien nutzen den Störmthaler See. Trotzdem sind für die junge Generation bisher keine geeigneten Beteiligungsverfahren vorgesehen, noch zeichnen sich Flächen für Kinder und Jugendliche zum Mitgestalten am See ab. Dabei sieht die Sächsische Gemeindeordnung gemäß §47a die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen explizit vor.
Aktuelle Beteiligungsverfahren für Kinder und Jugendliche ungeeignet
Prinzipiell scheint die Kommunalpolitik an einer Verbesserung der Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten interessiert zu sein. So hat Großpösna 2018/2019 als eine der ersten Gemeinden Sachsens eine eigene Leitlinie zur Bürgerbeteiligung entwickelt. Zwei Beteiligungsverfahren sind bereits aktiv, eines zur Entwicklung der Magdeborner Halbinsel und eines zur Entwicklung eines Strandbades und Inklusionscampingplatzes am Südufer des Sees. Jedoch sind beide Verfahren in ihrem Format nicht für Kinder und Jugendliche geeignet.
Geeignete Projektideen zur Kinder- und Jugendbeteiligung bleiben ungenutzt
Dass eine Beteiligung im Kinder- und Jugendalter mit geeigneten Methoden möglich und sinnvoll ist, zeigt das Sommerferienprojekt 2020 des Verein UferLeben Störmthaler See e.V. „PartiZirkussion – Kinder gestalten Zukunft für Kinder“ unter der Begleitung des unabhängigen Bildungskollektives Verlernen e.V.
Umso mehr verwundert es, dass dieses vorausschauend geplante Kinderpartizipationsprojekt eine Ablehnung durch die Projektgruppe Bürgerbeteiligung der Gemeinde Großpösna erfahren hat.
Kinder- und Jugendbeteiligung in Eigeninitiative mit Bundesförderung
Trotz Ausgrenzung aus dem offiziellen Bürgerbeteiligungsprozesses hielt Uferleben e.V. in Eigeninitiative und mit finanzieller Unterstützung durch Mittel aus dem Bundesprogramm ‚Künste öffnen Welten‘ (BKJ e.V.) an der Beteiligungsmöglichkeit für Kinder und Jugendliche fest. Nachdem die Gemeindeverwaltung daraufhin die Projektveranstalter aufforderte, den Bezug zum offiziellen Beteiligungsverfahren Magdeborner Halbinsel aufzulösen, musste das Projekt kurzfristig inhaltlich umgeplant werden.
Das Zielobjekt wurde daraufhin eine fiktive Insel, welche die 52 teilnehmenden Kinder und Jugendlichen mit eigenen Ideen gestalten konnten. In den Workshops „Partizipa… Was?“ vermittelten die Referentinnen für politische Bildung von Verlernen e.V. spielerisch und humorvoll die Grundlagen zum Thema Beteiligung.
Zusätzlich wurden die Bedürfnisse und Ideen der Kinder in Bezug auf die Entwicklung am See aus ihrer Altersperspektive herausgearbeitet. Besonderen Spaß bereitete den Teilnehmenden die Ideenauktionen. Neben anderen Methoden der partizipativen Bildungsarbeit diente die Ideenauktion zur Wichtung und Selektion von bedeutsamen Ideen.
Durch Ersteigern von Ideen- und Wunschkarten konnten die Kinder Ihre vordergründigen Bedürfnisse sichtbar machen. Am beliebtesten war dabei der Wunsch nach der Begegnung mit Tieren. Als weitere Bedürfnisse ergaben sich Orte für kreative Bewegung, z.B. Zirkusdisziplinen, Klettern, Wasserspiele, etc. sowie Orte zum Treffen und Übernachten mit Freunden in originellen Behausungen, z.B. Baumhäuser, Zirkuswägen, u.ä.. Aus den vielfältigen Ideen inszenierten die TeilnehmerInnen ihre Zirkusnummern.
Coronabedingt wurde die Abschluss-Show überwiegend an der frischen Luft im Ortsumfeld von Dreiskau-Muckern veranstaltet. Das Publikum wurde auf die Piratinnen-Insel Edmanolojali Island entführt. Die Requisitengruppe baute ein Wolkenschiff, welches die Zirkusreisenden von Edmanolojali Island über mehrere Zirkusstationen, Luftartistik, Zauberei, Jonglage, einer Zwergengruppe und Clownerie zurück in die Realität eines irdischen Zirkuszeltes führte.
„Es erstaunt, wie kreativ die Kinder inhaltlich schwierige und komplexere Themen mit ihren Zirkusnummern verknüpfen.“ freut sich die künstlerische Projektleiterin Stephanie Lehmann von Zirkomania e.V. über die gelungene Abschlussveranstaltung.
Kommunale Entscheidungsträger in der Pflicht
Mit den Ergebnissen dieses Projektes möchte UferLeben e.V. mit NAUMZI und den Ideen der Kinder nun erneut auf die Gemeindeverwaltung Großpösna zugehen und nach einer nutzbaren und selbst gestaltbaren Fläche am Störmthaler See fragen. Zwei schriftliche Anfragen an Großpösnas Bürgermeisterin Frau Dr. Lantzsch vom Mai und Juli 2020 zur Flächennutzung für den Natur- und Umweltzirkus NAUMZI verblieben bisher unbeantwortet.
Für Kinder, Jugendliche und jungen Menschen ist die Beteiligung an Prozessen mit hohem planerischem und finanziellem Aufwand erfahrungsgemäß schwierig. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass Kinder und Jugendliche an den Seen das Nachsehen haben. Hier müssen die Entscheidungsträger Lösungen für die Beteiligung der jungen Generation am Störmthaler See und an den anderen Seen des Leipziger Neuseenlandes finden.
Unterstützung erhält die Initiative dabei von Andreas Rauhut vom Kinder- und Jugendring Leipziger Land e.V.: „Der Jugendring unterstützt sehr gerne das Anliegen für Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der weiteren Gestaltung des Störmthaler Sees. Die sächsische Gemeindeordnung bietet mit dem §47a dafür den geeigneten Rahmen. Gerade das kreative Potential der Jugendlichen bei so einem Camp sollte gewinnbringend für alle Seiten genutzt werden.“
Auch zum Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, welches eine neue Forschungseinrichtung auf der Magdeborner Halbinsel plant, gibt es bereits Kontakte und positive Rückmeldung: „Wir unterstützen deutschlandweit Kinder- und Jugendbildungsprojekte im Umweltbereich und würden uns freuen, wenn wir hier auf der Magdeborner Halbinsel lokal verknüpfte Partner finden.“ unterstützt Prof. Teutsch, Leiter des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig, die Ambitionen von NAUMZI.
Die aktuelle Planungssituation am Störmthaler See und der Umgang mit dem Projekt „PartiZirkussion – Kinder gestalten Zukunft für Kinder“ signalisieren, dass den aktiven Beteiligungsmöglichkeiten der jungen Generation an der Seeentwicklung bisher zu wenig kommunalpolitische Beachtung und Unterstützung zukommt.
Die Kinder und Jugendlichen am Störmthaler See, UferLeben e.V. und seine NAUMZI-Partner hoffen nun, dass ihre Beteiligungsversuche und die eigene Umsetzungsidee am Störmthaler See zukünftig von kommunalen Entscheidungsträgern mehr Akzeptanz und Unterstützung erfahren.