(1) Standortwahl des neuen universitären Wassersportzentrums am Störmthaler See gefährdet naturschutzrechtlich geschützte Biotope und Arten.
(2) Bitte um wissenschaftliche Evaluation naturschutzfachlicher/-rechtlicher Besonderheiten in der Entwicklung der Bergbaufolgelandschaften im Leipziger Neuseenland.
- Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Eva Inés Obergfell,
- sehr geehrte Sportlerinnen und Sportler der Sportwissenschaftlichen Fakultät,
- sehr geehrte Damen und Herren der Fakultät für Lebenswissenschaften,
- sehr geehrte Studentinnen und Studenten des Student_innenRat,
- sehr geehrte Damen und Herren der AG Nachhaltige Universität und des Facharbeitskreises BNE,
wir erlauben uns, Sie als wissenschaftliches Zentrum unserer Region in einem Offenen Brief um Unterstützung zu bitten.
Nach Angaben der Gemeindeverwaltung Großpösna planen Sie als Universität Leipzig ein neues Wassersportzentrum am Störmthaler See. Dieses soll in einem bauplanerischen Verbund mit einem Strandbad und einem Inklusionscampingplatz der Städtischen Eigenbetriebe Behindertenhilfe Leipzig (SEB) entstehen. Der Aufstellungsbeschluss zum B-Planverfahren wurde 2021 gefasst und zwischenzeitlich ein Planungskonzept erarbeitet. Zeitnah steht die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung bevor.
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass sich im Planungsbereich Östlich Grunaer Bucht gemäß §30 BNatSchG und §21 SächsNatSchG geschützte Biotope befinden. Die Uferabschnitte Östlich Grunaer Bucht sind unmittelbare Ruhe- und Brutzone für verschiedene streng geschützte Arten. Darunter befinden sich beispielsweise das Blaukehlchen (RL Sachsen extrem selten), die Beutelmeise (RL 2021 vom Aussterben bedroht) und die Uferschwalbe. Das geplante Wassersportzentrum berührt darüber hinaus die Lebensräume weiterer von Aussterben bedrohter oder stark gefährdeter Tierarten, darunter Sperbergrasmücke, Raubwürger, Braunkehlchen, Kiebitz, Feldschwirl, aber auch verschiedene Fledermausarten, Reptilien und Insektenarten.
In den ersten einsehbaren und groben Planungsskizzen des Bebauungsplanverfahrens fällt auf, dass der Standort und Umfang von Strandbad und Wassersportzentrum naturschutzrechtlich geschützte Röhrichtzonen und den Lebensraum geschützter Arten unmittelbar gefährden.
Wir bitten Sie daher Ihre Planungen hinsichtlich des Standortes bzw. der Ausführung zeitnah zu reevaluieren. Gemäß Regionalplan Westsachsen und Flächennutzungsplan ist zudem keine universitäre wassersportliche Einrichtung im Bereich Östlich Gruner Bucht vorgesehen. Vielmehr wurden die wassersportlichen Einrichtungen auf der Magdeborner Halbinsel verankert und diese ist für derartiger Vorhaben bereits vorbereitend erschlossen. Hier finden sich geeignete Flächen mit Wasserzugang ohne derart schwerwiegende Nachteile für die Natur.
„Wenn irgendwo Lebewesen wohnen, die so selten sind, darf der Mensch sie nicht vertreiben. Dann scheint es selbstverständlich, ihren Lebensraum zu schützen und zu erforschen, anstatt ihn zu zerstören“ so die Meinung einer 15jährigen Anwohnerin, die sich in der Schule gerade mit dem Thema Naturschutz auseinandersetzt.
Wir möchten die Idee, die Entwicklung der Artenvielfalt der Bergbaufolgelandschaft im Leipziger Neuseenland zu erforschen, zusätzlich an Sie herantragen. Immerhin ist die Entwicklung beachtlich, innerhalb weniger Jahre hat sich eine Vielzahl an Arten Östlich Grunaer Bucht eingefunden, die landes- und bundesweit als ‚extrem selten‘ oder sogar ‚vom Aussterben bedroht‘ gelten. Hier bietet sich eine seltene Gelegenheit so einen Entwicklungs-Hotspot an Artenvielfalt unmittelbar zu erforschen und zu schützen.
Die nationalen und globalen Forderungen im Biotop- und Artenschutz werden insbesondere durch die wissenschaftlichen Einrichtungen gestützt und argumentiert. Es ist daher erforderlich, dass sich wissenschaftliche Einrichtungen diesen Anforderungen auch selbst stellen. Wir sprechen also auch über die Glaubwürdigkeit unserer eigenen schulischen und universitären Bildungs- und Erkenntnisinhalte.
Die öffentliche Diskussion zum Areal Östlich Grunaer Bucht wird durch Natur- und Umweltschützer bereits seit 2016 geführt. Mit anderen Kandidaten des Planungsverbundes Östlich Grunaer Bucht stehen wir seit Jahren im Diskurs, wie die naturschutzrechtlichen Belange die notwendige Beachtung finden können. Die Universität Leipzig hat bisher nicht zur öffentlichen Information und Beteiligung beigetragen, so dass leider noch kein Austausch zum Thema mit Vertretern der Universität stattgefunden hat. Wir bitten Sie daher, einerseits die Planungen Ihres Wassersportzentrums bzgl. Belange des Biotop- und Artenschutzes zu reevaluieren und andererseits die wissenschaftliche Aufarbeitung und naturschutzrechtliche Sicherung des Biotopes Östlich Grunaer Bucht zu unterstützen.
Für weitere Informationen und einen Austausch fühlen Sie sich herzlich an den Störmthaler See eingeladen, wir freuen uns über einen Terminvorschlag Ihrerseits.
Mit freundlichen Grüßen vom Störmthaler See
UferLeben Störmthaler See e.V.
NABU Ortsgruppe Störmthaler See
Die GRÜNEN im Gemeinderat Großpösna
Dreiskau-Muckern, 22.Mai 2022