IHK kritisiert Verwendung der Kohlegelder im Raum Leipzig

Nachfolgend zitieren wir den kompletten Artikel der LVZ vom 23.12.2021 von Simone Prenzel

Campingplatz für 22 Millionen Euro: Wozu Kohlegelder in der Region verwendet werden

Im Landkreis Leipzig werden weitere Vorhaben im Rahmen des Kohleausstiegs realisiert. Der Bund machte hinter fünf Projekte aus der Region einen Haken. Darunter einen Campingplatz für 22 Millionen Euro am Störmthaler See und ein Bergbau-Archiv in Borna.

Im Landkreis Leipzig werden weitere Vorhaben im Rahmen des Kohleausstiegs realisiert, darunter eine Kita am Zwenkauer See, ein Archiv-Campus und eine Pflegefachschule inclusive Betriebskindergarten in Borna (v.l.n.r.).

Es gab erneut keine bösen Überraschungen: Keines der Kohleprojekte, das den Regionalen Begleitausschuss fürs Mitteldeutsche Revier am 10. November in Torgau passierte, ist durchs Raster gefallen. Für alle sechs empfohlenen Vorhaben aus den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen habe der Bund grünes Licht gegeben, teilte das Sächsische Staatsministerium für Regionalentwicklung am Freitag mit. „Damit hat der Bund innerhalb kürzester Zeit Klarheit für die Antragsteller geschaffen“, heißt es aus Dresden.

Inklusions-Campingplatz am Störmthaler See

Das in dieser Bewilligungsrunde umfangreichste Projekt soll mit 22 Millionen Euro Gesamtkosten am Störmthaler See realisiert werden. Antragsteller ist die Gemeinde Großpösna, die östlich der Grunaer Bucht einen Inklusions-Campingplatz plant. 200 bis 300 Standplätze für Camper sollen hier entstehen, zudem einige Bungalows und Hütten. Das Angebot, hieß es im jüngsten Begleitausschuss, richte sich an behinderte und nichtbehinderte Besucher. Landrat Henry Graichen (CDU), zugleich Ausschuss-Vorsitzender, hatte betont, dass hier auch Menschen Beschäftigung finden sollen, die es schwer haben, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Aus früherem Bornaer Amtsgericht wird Pflegefachschule

Auch die Stadt Borna kann sich jetzt an die Arbeit machen: Wie bereits berichtet, gibt der Bund für den Aufbau einer Pflegefachschule seine Zustimmung. Im ehemaligen Gebäude des Bornaer Amtsgerichts soll nicht nur Klinik-Nachwuchs, sondern ebenso dringend benötigte Pflegekräfte für Pflegeheime und ambulante Dienste in der Region ausgebildet werden. Das benachbarte Polizeirevier wird abgerissen und macht einem angeschlossenen Betriebskindergarten Platz. Als Partner der Stadt Borna sind die Sana-Kliniken Leipziger Land im Boot.Borna kompakt

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Gedächtnis des Mitteldeutschen Kohlereviers

Für eines weiteres Projekt an der Wyhra können die Vorbereitungen nun ebenfalls intensiviert werden. Für 9,5 Millionen Euro soll ein Dokumentationszentrum für die Regional- und Wirtschaftsgeschichte Sachsens entstehen. Träger: der Landkreis selbst. Es gehe darum, betonte Graichen, Erinnerungen an den Bergbau wachzuhalten, Traditionen und Identität zu wahren. Dazu sollen das Kreisarchiv des Landkreises Leipzig, das Sächsische Wirtschaftsarchiv (SWA) und der Verein Dokmitt zu einem Archiv-Campus vereinigt werden. Das derzeit noch in Leipzig beheimatete SWA, das als wahre Fundgrube für Wirtschaftshistoriker gilt, zieht dafür aus der Konsum-Zentrale in Plagwitz nach Borna.

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Sachsenpelz-Brache in Naunhof wird revitalisiert

Groß dürfte auch die Freude in der Stadt Naunhof sein. Hier schaffte es die Revitalisierung der Sachsenpelz-Brache in die nächste Runde. Für rund sechs Millionen Euro soll die durch die jahrzehntelange Pelzproduktion kontaminierte Liegenschaft abgerissen und der Untergrund saniert werden. Die Rede ist von rund 150 neuen Arbeitsplätzen, die auf der Brache entstehen könnten.

Zwenkau plant mehrsprachige Kita im Wohngebiet Harthweide

Für förderwürdig erachtet der Bund ebenso das Konzept einer inklusiven und mehrsprachigen Kita in Zwenkau. Die Kindereinrichtung soll im neuen Wohngebiet Harthweide am Zwenkauer See errichtet werden. Kostenpunkt: 7,7 Millionen Euro. 138 neue Betreuungsplätze sind mit Geldern aus dem Strukturwandel-Topf für den Kohleausstieg geplant.

Im benachbarten Landkreis Nordsachsen wird ein Hostel am Oschatzer Freizeitbad „Platsch“ gefördert. Knapp eine Million Euro sind für das Vorhaben auf dem ehemaligen Landesgartenschaugelände veranschlagt.

Bereits bewilligte Projekte im Landkreis Leipzig

  • Kauf von 16 Batteriezügen fürs Mitteldeutsche S-Bahn-Netz u.a. für einen besseren Anschluss von Grimma und Döbeln
  • Energiezentrum Ethrilla in Thallwitz
  • Sanierung der Kohrener Burgtürme
  • Gründerzentrum im Kulturhaus Beucha
  • Kita-Neubau in Lobstädt
  • Hortplätze in der Grundschule Lobstädt
  • Erweiterung Kita „Weißbachzwerge“ in Markranstädt
  • Projekt Saulis in Röcknitz: Umnutzung eines Rennpferdestalls in Coworking-Space und Supervulkanzentrum für den Geopark Porphyrland
  • Jugendherberge am Markkleeberger See

IHK: Wo bleibt die Schaffung wertschöpfender Jobs?

Die Industrie- und Handelskammer zu Leipzig äußerte sich unterdessen kritisch zu den bewilligten Projekten. Präsident Kristian Kirpal: „Erneut ist eine Chance vertan worden, einen wirksamen Beitrag zur Strukturentwicklung in der Kohleregion um Leipzig zu leisten. Die Mehrheit der nun bundesseitig zur Förderung vorgesehenen Projekte verstärkt Angebote der kommunalen Daseinsvorsorge, hat mit der Sicherung und der Schaffung wertschöpfender Arbeitsplätze in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen aber wenig zu tun.“ Dass Bundesmittel erneut mit viel zu wenig Wirtschaftsbezug eingesetzt würden, sehe die IHK kritisch. „Nicht die Kommunen, sondern die Unternehmen sind die hauptsächlichen Träger und Treiber des Strukturwandels. Entsprechend müssen sie ebenfalls antragsberechtigt für die Strukturhilfen des Bundes sein, nicht nur die Kommunen“, so Kirpal.

Von Simone Prenzel